Die agilist.cooperative veranstaltet einmal monatlich ein Meetup für die agilist.community. In einem Meetup wurde die Frage thematisiert, was auf Agile folgen könnte. Eine berechtigte Frage, die ich gerne in diesem Blogbeitrag beantworten möchte.
Agile ist derzeit eine Bewusstsein- und eine Werkzeugsammlung, um komplexe Herausforderungen gemäss Cynefin-Framework zu meistern. Hier haben sich agile Modelle wie beispielsweise Scrum bewährt und vor allem in der Softwareentwicklung durchgesetzt, siehe auch Swiss Agile Study 2016.
Für die NZZ ist Agile nichts Neues, sondern bloss ein White-Labelling bereits existierender Managementtechniken. Nicole Rütti erinnert an ältere Enthierarchisierungs-Konzepte wie beispielsweise das von Mary Parker Follett.
Somit verdichtet sich der Vorwurf, Agile sei bloss ein momentaner Trend. Und falls ja, was folge denn auf Agile? Solchen Diskussionen begegne ich auch abseits der agilist.community und das beschäftigt offenbar die Menschen in der Szene.
Bevor ich die Frage beantworte, möchte ich zum Gedankenexperiment einladen. Wir versuchen, die Welt in zwei Szenarien zu denken. Was könnte in nächster Zukunft eintreten? Was ist wahrscheinlicher? Davon können wir ableiten, ob wir weiterhin agile Werkzeuge und agile Haltungen benötigen.
Die Welt wird planbarer, vorausschaubarer, berechenbarer. Das basiert auf folgenden Entwicklungen:
Die heutigen agilen Werkzeuge und das ebenso wichtige agile Bewusstsein haben in einer planbaren Welt ihre Bedeutung verloren. Wir sind nicht mehr auf kurze Feedbackzyklen angewiesen. Die Anforderungen können automatisch erhoben und in Software generiert werden. Die Lösung ist vorgegeben. Was folgt also nach Agile? Wieder zurück zum Wasserfall?
Szenario 1 ist gar nicht so abwegig, der Pop-Star der Historiker Yuval Noah Harari schreibt zum Beispiel in seinen 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert:
Die Revolutionen in Biotechnologie und Informationstechnologie werden uns die Kontrolle über die Welt in uns verschaffen und uns in die Lage versetzen, Leben zu manipulieren und herzustellen. Wir werden lernen, wie man Gehirne entwirft, Leben verlängert und Gedanken nach Belieben loswird.
Die Welt wird chaotischer. Das kann aufgrund folgender Entwicklungen festgestellt werden:
In dieser Welt kann man keine Erfahrung mehr vergegenwärtigen. Der bekannte Empirismus verfällt. Wie verhalten sich in so einer Welt unsere bewährten agilen Praktiken und unsere mentalen Einstellungen? Ist Scrum das angemessene Framework? Was folgt nach Agile?
Wie man "Agile" betitelt, ist unbedeutend. Die Essenz in Agile ist Leben. Leben bedeutet Anpassung. Agile bedeutet permanente Anpassung. Das, was wir heute als Agile bezeichnen, hat nicht das Agile Manifest 2001 "erfunden", sondern bloss manifestiert und als Marke konzentriert.
Unabhängig also, ob Szenario 1 oder Szenario 2 eintreten mögen, unsere Arbeitstechniken und unsere Haltung der Arbeit gegenüber werden sich notgedrungen anpassen müssen. Ob man das in zwanzig Jahren noch als Agile beschreibt, ist unerheblich.
Efficient Organisations ist unser Produkt, das die Haltung der permanenten Anpassung im Menschen, in den Teams und schliesslich in der Organisation verankert. Ob wir das als Agile oder nicht vermarkten, ist nebensächlich. Daher definieren wir den Begriff Efficient Organisations und ersetzen damit das aktuelle Modewort Agile.
Wir sind überzeugt, dass nicht Methoden und Werkzeuge uns für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in der Arbeitswelt rüsten, sondern eine aufgeschlossene, veränderungsbejahende und "agile" Haltung der Menschen, der Teams und der Organisationen. Daher wollen wir am Menschen, an den Teams und an den Organisationen arbeiten. Für den Arbeitsmarkt Schweiz.
BTW: Wir werden bald unser Modell und unser Verständnis von Efficient Organisations hier publizieren, das ebendiese Herausforderung adressiert.
Die beiden Szenarien existieren. Ich persönlich verorte uns in einer "chaotischen" Phase, die noch ungefähr zehn Jahren andauern wird. Aber danach werden wir einen sehr "planbaren" Abschnitt geniessen können, der dann irgendwann wieder von einem "chaotischen" abgelöst wird.
Und was meinst du? Was wird wahrscheinlicher? Diskutiere mit uns in den Kommentaren.