dot.tipp - Anfänge gestalten - Abschied als Schlüssel
Jeder Anfang braucht ein Ende – klingt widersprüchlich? Tatsächlich zeigen psychologische Modelle, dass ein Neuanfang nur dann gelingt, wenn vorher bewusst Abschied genommen wurde. Doch dieser Schritt wird in Organisationen oft übersehen. Das Modell des Abschiednehmens mit den drei T’s – Trennung, Trauer, Transfer – gibt wertvolle Hinweise darauf, wie Veränderungen erfolgreich gestaltet werden können.
Warum wir Anfänge falsch denken
In Organisationen, Teams und Projekten wird oft „neu gestartet“, ohne dass die alte Phase wirklich abgeschlossen wurde. Alte Rollen, Erwartungen oder Dynamiken schleichen sich in den Neuanfang und verhindern echte Veränderung. Menschen brauchen psychologische Sicherheit, um sich auf neue Strukturen einzulassen. Wenn dieser Übergang nicht bewusst gestaltet wird, entstehen Unsicherheiten, Konflikte und ineffiziente Übergangsphasen.
Die typischen Probleme bei unklaren Übergängen sind vielschichtig. Teams halten an alten Mustern fest, auch wenn sie formal neu strukturiert wurden. Neue Führungskräfte oder Teammitglieder haben es schwer, weil unausgesprochene Erwartungen aus der Vergangenheit fortbestehen. Veränderungen scheitern häufig, weil die emotionale Verarbeitung des Alten fehlt. Ein bewusst gestalteter Übergang ist daher essenziell – und beginnt mit dem Abschied.
Die drei T’s des Abschiednehmens
Trennung
Der bewusste Abschied von der alten Phase ist der erste Schritt eines gelungenen Übergangs. Menschen brauchen eine klare Zäsur, um innerlich loszulassen. Ohne Trennung bleibt das Alte unterschwellig wirksam und sabotiert den Neuanfang. Rituale oder klare Kommunikation können diesen Moment markieren. Erfolge und Herausforderungen der alten Phase sollten reflektiert und bewusst abgeschlossen werden. Die Vergangenheit sollte aktiv verarbeitet werden, indem Teams gemeinsam klären, welche Erfahrungen sie mitnehmen und was sie bewusst hinter sich lassen möchten.
Trauer
Die emotionale Verarbeitung der Veränderung ist ebenso entscheidend. Selbst wenn eine alte Phase nicht ideal war, war sie doch vertraut. Menschen durchlaufen dabei oft eine emotionale Reaktion, die an die Change-Kurve von Kübler-Ross erinnert. Unterdrückte Emotionen führen zu verdecktem Widerstand oder dazu, dass Teams unbewusst in alte Muster zurückfallen. Der bewusste Umgang mit Emotionen, das Schaffen eines Raums für Reflexion und das Eingestehen von Unsicherheiten sind essenziell, um einen stabilen Übergang zu ermöglichen.
Transfer
Der bewusste Transfer in die neue Phase markiert schliesslich den Abschluss des Abschiedsprozesses und den tatsächlichen Beginn der neuen Struktur. Erst wenn Trennung und Trauer bewältigt wurden, kann die neue Phase wirklich beginnen. Hier ist es entscheidend, neue Rollen und Erwartungen klar zu kommunizieren. Teams müssen verstehen, was sich verändert, warum diese Veränderung wichtig ist und welche neuen Verhaltensweisen erforderlich sind. Durch die aktive Gestaltung des Transfers wird vermieden, dass Unsicherheiten entstehen oder unbewusst alte Muster wieder aufgenommen werden.
Warum Organisationen das unterschätzen – und wie sie es besser machen können
Viele Organisationen unterschätzen, wie stark Menschen an alten Strukturen hängen. Veränderungen werden oft als reine Prozessanpassungen verstanden, ohne die emotionale Dimension zu berücksichtigen. Change-Prozesse starten oft „von heute auf morgen“ ohne bewusstes Abschliessen der vorherigen Phase. Die emotionale Verarbeitung wird häufig ignoriert, da sie als hinderlich oder zeitraubend betrachtet wird. Teams werden neu zusammengestellt, aber niemand spricht über die tatsächlichen Herausforderungen und Veränderungen.
Es gibt jedoch Möglichkeiten, diesen Prozess besser zu gestalten. Abschiede sollten bewusst geplant werden, indem eine klare Trennung markiert und die alte Phase reflektiert wird. Emotionen dürfen nicht unterdrückt werden, sondern sollten als Teil des Veränderungsprozesses anerkannt werden. Führungskräfte sollten psychologische Sicherheit schaffen, um Unsicherheiten zu besprechen und offene Fragen zu klären. Der Transfer in die neue Phase muss aktiv begleitet werden, indem Rollen, Erwartungen und erste Schritte klar definiert werden.
Abschied ist der Schlüssel für gelungene Neuanfänge
Organisationen konzentrieren sich oft auf den Start neuer Prozesse oder Strukturen, vernachlässigen jedoch den notwendigen Abschluss der vorherigen Phase. Kein Neuanfang funktioniert ohne einen klaren Abschluss. Die drei T’s – Trennung, Trauer und Transfer – bieten eine bewährte Orientierung, um Übergänge bewusst zu gestalten. Wer Übergänge achtsam gestaltet, verhindert Widerstände und schafft die Basis für nachhaltige Veränderung. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie oft nehmen wir uns bewusst Zeit für Abschied in unserer Organisation – oder springen wir zu schnell in den Neuanfang?
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