dot.coaching - Wenn ein auf Effizienz fokussiertes Team plötzlich Fan von psychologischen Team-Aspekten wird
Schlüsselerlebnisse während des Onboardings von Désirée Jakubowitz, Teil 2. Hier der 1. Teil.
Mit massgeschneidertem Konzept in die erste Team-Onboarding-Session
Im ersten Beitrag ging es darum, den richtigen Ansatz zu finden, um ein neues Transformationsteam unseres Kunden zu befähigen. Zur Erinnerung: Ich dachte, da ein anderes Team des Kunden bereits erfolgreich auf dem Weg war, kopiere ich unseren Ansatz, der dort angewandt wurde, passe ihn an "mein" Team an und lege los. In einer Sparringsession mit meinem Kollegen von dot consulting AG dekonstruierten wir diesen Ansatz, skizzierten den Workshop komplett neu und schnitten ihn auf die in diesem Team vorherrschende Problemstellung zu. Man kann sich vorstellen, dass ich freudig nervös war und mich ein paar Mal kritisch hinterfragte, ob der Plan für dieses neu formierte Team so zum Erfolg führen würde...
Erster Schritt: Eine gemeinsame, agile Basis schaffen
Wir starteten mit einem Impuls zum Thema "Agile Leadership" und wie sich stark agile von weniger stark agilen Teams unterscheiden. Ich stellte den Workshop vor, der durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Medien gestaltet wurde und den Teammitgliedern viel Raum zur Reflexion und zur Standortbestimmung gibt. Die erste Resonanz des Teams auf den Ablauf war sehr positiv. Weiter reflektierten die Teammitglieder darüber, wie viel Agilität in Bezug auf die Kernaufgabe der Transformation überhaupt möglich und sinnvoll für ihr Team ist und wo sie die Grenzen sehen. Daraus ergab sich bereits ein gemeinsames Verständnis über die Basis, den Grad der Agilität und die Ziele.
Nun stand das Thema Leadership im Vordergrund, wie sich die Führung des Teams verändern soll. Aligned Autonomy ist eines der Modelle, welches sehr gut veranschaulicht, was in einem Team benötigt wird, damit es seine Leistung im neuen, agilen Kontext erbringen kann.
(Bild: Henrik Kniberg aus Spotify Engineering Culture)
Die Reise zu einem autonomeren Team ist als Prozess zu verstehen. Während sich die Hardliner in einer agilen Transformationsreise des Teams gerne abrupt komplett aus der Führung nehmen und Autonomie vorherrscht, plädiere ich aus Erfahrung dafür, das Team auf der Reise zu begleiten und die Eigenführung Schritt für Schritt ins Team zu bringen. Selbstverständlich funktioniert dies in jeder Teamkonstellation etwas anders. In den meisten Fällen schätzen die Menschen einen partnerschaftlichen Ansatz, welcher als Ideologie sehr nachvollziehbar im "Agile Manifesto" unter "Individuals and Interactions over Processes and Tools" beschrieben wird (siehe auch Scrum Alliance).
Wo steht das Team aus der Vogelperspektive betrachtet?
Um das Team zu befähigen, den Zustand und die Phasen, die es als Gemeinschaft durchlaufen wird, aus der Perspektive der Metaebene zu sehen, nahmen sich die Teammitglieder die vier Teamphasen nach Tuckman vor.
- Forming (höflich und vorsichtig kennenlernen)
- Storming (Bildung von Cliquen und unterschwellige Konflikte)
- Norming (offene Konfrontationen und Entwicklung von Regeln)
- Performing (ideenreich produktiv und flexibel)
Das Tuckman Modell ist eine ideale Ausgangsübung um danach in der agilen Umsetzung mittels regelmässiger Retrospektiven die Teamentwicklung zu reflektieren. Während dieser Ausgangsübung sind auch Beobachtungen in Bezug auf den Entwicklungsstand anderer Teams aufgetaucht. Ein Vergleich mit einem anderen Team ist im Prinzip nicht unbedingt Teil der Übung war in diesem Fall jedoch nützlich. Die Teilnehmenden konnten sich durch diesen Vergleich abgrenzen, die Phase im eigenen Team wurde klarer. Eine interessante Diskussion ergab sich, als die Frage gestellt wurde, wie lange denn ein Team jeweils in einer Phase verweilt. Dies lässt sich pauschal nicht beantworten: Es gibt Teams, die bleiben schlicht in einer der Phasen stecken, und andere durchlaufen sie im Eilzugstempo. Eine gemeinsame Erkenntnis war, dass das Team mit einer fokussierten Auseinandersetzung auf dieser Metaebene, mit Offenheit und Interesse seine Beziehungen innerhalb des Teams besser gestalten kann (Steigerung der Teamdynamik).
Nun ging es daran, sprichwörtlich das Fenster zu öffnen: Mittels Johari-Fenster (Johari-Kommunikationsmodell) verinnerlichte das Team das Thema "Unbekanntes". Durch dieses Modell konnte es entdecken, dass eine Vertrautheit und die damit verbundene Kenntnis über die Fähigkeiten aller Teammitglieder über die Zeit eine Steigerung der Arbeitskompetenz begünstigt. Dies war eine perfekte Überleitung dazu, noch einen Schritt tiefer zu gehen und herauszufinden, was das Team als Ganzes ausmacht.
Was können wir als Team? Wer sind wir als Individuum?
Jetzt, da die Ziele der Charakter, der Standpunkt des Teams geklärt waren, folgte der nächste logische Schritt: Es sollte ansatzweise sichtbar machen, welche Kompetenzen denn eigentlich in diesem Team schlummern. Eine der zentralen Stärken eines Teams sind seine Kompetenzen und der Wissensaustausch unter den Teammitgliedern, beziehungsweise die Lernpotentiale zu prüfen. Damit das Herausschälen der Kompetenzen möglichst leicht fällt, konzentrierten sie sich auf folgende zwei Kompetenzfelder:
- Was sind 2 bis 3 meiner Stärken in der Fach- und der Sozialkompetenz, und was möchte ich gerne noch besser können?
Mit viel Selbstvertrauen wurden die Stärken von jeden Teammitglied in den beiden Feldern vorgestellt und auf eine gemeinsame Map gelegt. Schnell wurde so ersichtlich, welche Entwicklungspotentiale im Team vorhanden sind und wer wie aushelfen kann, diese auszuschöpfen. Das Team freute sich zu sehen, wie breit die Palette an Kompetenzen insgesamt ist. Das Organisationsgenie hilft dem Admin-Muffel, und die Sales-Königin hilft dem Präsentationsscheuen über das Eis.
Das Transformationsteam ist ein eher ruhiges und strukturiertes Team welches Effizienz als sehr wichtig erachtet. Das kam auch in den Lernfeldern zum Vorschein in dem mehrere Male das Thema Geduld im Zentrum stand. Die Arbeit an Beziehungen braucht Zeit. Wenn es in die Tiefen der Teamdynamik und der Psychologischen Sicherheit geht, erfordert es bei eher nüchternen, effizienzorientierten Teammitgliedern etwas Fingerspitzengefühl, sie dort hin zu bringen, ihnen die Skepsis vor dem fliessenden Gewässer zu nehmen. Dieses Team war nun so weit.
Zielsetzung: Wir lernen uns als Menschen im Team besser kennen
Die Gruppe wanderte durch den Raum und formte selbstständig zweier Gruppen. In diesen Gruppen setzte sich mit folgenden Fragen auseinander: Wer bin ich als Mensch (Werte, Ansichten etc.)? Was ist meine Aufgabe auf dieser Erde?
Diese Fragen sollten innerhalb der persönlichen Wohlfühlzone beantwortet werden. Daraufhin folgte ein wertschätzendes, ausschliesslich positives Feedback über das Erzählte jedes Einzelnen und was man dabei Neues erfuhr. Ein ziemlich gelöstes und fröhliches Team gab zu dieser Übung dann auch konsequent positives Feedback.
Diese Übung hat uns sehr gut getan, und es war spannend, das Gegenüber in so kurzer Zeit besser kennenzulernen.
Das positive Feedback deckt sich mit meiner persönlichen Erfahrung aus dieser Übung und auch wie verblüffend es ist, wie schnell man schwer zu lesende Persönlichkeiten dabei besser kennenlernt.
Der Tenor des Teams: Mehr "Gspührschmi" und "Fühlschmi" wäre durchaus erwünscht gewesen(!); insgesamt war der Workshop wertvoll und machte Spass.
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