dot.kunden - Sollen wir einen Bonus auszahlen?
In vielen Unternehmen werden Ende Jahr Erfolgsprämien verteilt. Der im Volksmund bekannte "Bonus" dominiert das Pausengespräch. Nun also kann das Jahr "abgerechnet" werden. Wer bekommt wie viel und vor allem weswegen? In diesem Beitrag möchte ich gerne den organisatorischen Einfluss eines Bonus-Malus-Systems darstellen.
Das originale Konzept
Das Konzept eines Bonus-Malus-Systems ist ein klassisches X-Tool gemäss dem Buch Komplexithoden respektive ein Instrument der "orangen" Leistungsgesellschaft gemäss Spiral Dynamics Integral (SDI). Die Intention ist, dass Leistung individuell belohnt werden soll. Die Idee ist eine zutiefst "egalitäre": Jeder kann leisten, also kann jeder auch belohnt werden.
Aber in der Realität?
Allerdings krankt die Umsetzung. Einerseits ist der "Bonustopf" nicht für alle gleich gross. Die meisten Unternehmen variabilisieren den Bonusanteil anhand einer internen Funktionsstufe. Andererseits kann die Leistung nicht systematisch beurteilt werden. Deswegen erfinden die Unternehmen Performanzmanagementsysteme, die Wissenschaftlichkeit und Exaktheit simulieren.
Eine Beobachtung
Ein Scrum-Team existiert bloss als ein Team. Das Team ist interdisziplinär. Nicht bloss hinsichtlich der Technologien und IT-Disziplinen, sondern auch hinsichtlich der sozialen Eigenschaften. In einem ausgewogenen Team kann jemand gut moderieren, jemand kann gut analysieren, jemand kann gut menschlich integrieren. Alle diese Eigenschaften vervollständigen und vervollkommnen das Team. Zum Beispiel kann ein Team voller extrovertierter Agile Coaches nicht funktionieren, siehe wie viele Agile Coachende es braucht, um eine Glühbirne zu wechseln.
So ein Scrum-Team hat nun also noch eine gemeinsame Führungsperson, die ihre Aufgaben nicht im Sinne von Reinventing Leadership respektive Efficient Organisations versteht, sondern klassisch. Diese will, oder muss, nun einen Bonus verteilen. Sie belohnt nun vordergründig z. B. jene, welche sich durch kompetente und spontane Moderation auszeichnen.
Die Führungsperson will eigentlich Gutes tun; also Initiative und Verantwortung loben. Doch gleichzeitig bestraft sie jene, die im Hintergrund analysieren und das Team menschlich integrieren. Sie schafft gleichzeitig Hierarchien, die in einem Scrum-Team nicht sein müssen. Dadurch unterminiert sie, vielleicht gar ungewollt, den Team-Gedanken.
Die Folgen eines Bonus-Malus-Systems
Jene, die also einen Bonus erhalten haben, fühlen sich schlecht. Warum wurden sie belohnt, obwohl sie bloss als Team gearbeitet haben? Sie haben ein schlechtes Gewissen. Zurecht! Jene, die keinen Bonus erhalten haben, fühlen sich gedemütigt und nicht wertgeschätzt. Was haben sie falsch gemacht? Sie waren doch Teil eines Teams. Auch zurecht.
Beide sind nun gehemmt und werden weitere Aktionen, Initiativen zweimal überlegen. Beide werden innerlich kündigen und einen Dienst nach Vorschrift führen. Wir verlieren also die intrinsische Motivation aller. Nicht nur die Belohnten, sondern auch die Bestraften leiden. Die originale Absicht der klassischen Führungsperson, eine gute Tat zu belohnen und damit weitere gute Taten zu fördern, ist damit aufgehoben. Alle verlieren, niemand gewinnt - auch nicht die Führungsperson.
Was kann ein Scrum-Master tun?
Eine einseitige Bonuszahlung in einem Scrum-Team ist das Ende eines Scrum-Teams. Als Scrum-Master ist man machtlos und muss das Impediment sofort transparent machen. Das übergeordnete und gleichwohl klassische System hat die unter Umständen jahrelange Aufbauarbeit des Scrum-Teams mit einer kleinen Aktion ruiniert und zurückgesetzt. Und zwar nicht einmal mutwillig.
Transparent machen bedeutet, das Problem innerhalb des Teams in einer Retrospektive anzusprechen und gemeinsame Massnahmen abzuleiten. Eine gemeinsame Massnahme könnte sein, die Führungsperson zu sensibilisieren. Hier können Seminare wie Reinventing Leadership unterstützen. Allerdings kann man seiner Führungsperson nicht einfach eine Führungsausbildung aufzwingen.
Vielmehr muss man mittels Fragen das "Warum" der Führungsperson im vertrauensvollen und persönlichen Dialog ergründen. Warum will die Führungsperson einige "belohnen" und andere "bestrafen"? Warum handelt er so? Warum hat sie anscheinend keine Alternativen? In einem Gespräch kann dann die Erkenntnis reifen, das Verhalten im nächsten Jahr zu ändern.
Wie machen wir das?
Wir bei dot haben das Problem vereinfacht. Falls eine Erfolgsprämie ausbezahlt werden soll, dann gilt diese für alle Mitarbeitende und unabhängig ihres Anstellungsverhältnisses. Die Prämie ist pauschal und pro Kopf. Wir möchten nicht Leistung messen, was für Wissensarbeit ohnehin unmöglich ist. Wir machen es uns also einfach und das ist gut so.
Eine Alternative könnte auch "Merit Money" aus Management 3.0 bieten. In diesem System können die Mitarbeitende einander Punkte vergeben, die dann finanziell ausbezahlt werden. Bei dot consulting AG hatten wir ein solches System auch diskutiert, sind dann aber bei einer pauschalen Pro-Kopf-Prämie geblieben. Wir werden fürs Jahr 2019 unser System sicherlich den neusten Erkenntnissen anpassen.
Und ihr so?
Habt ihr auch einen "Bonus"? Wie entscheidet ihr, wer wie viel erhält und wer nicht? Habt ihr Erfahrung mit "Merit Money" aus Management 3.0?
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