dot.research - Über das Flow-Erleben im Team

David Berger
16. Juni 2020

Was ist eigentlich Flow-Erleben? Warum ist Flow-Erleben wichtig für das menschliche Glück und insbesondere auch für die Zusammenarbeit im Team? Mehr in diesem Beitrag zur legendären Flow-Theorie. 

Das Leben ist komplex. Die Lohnabhängigkeit beansprucht uns im Wesentlichen. Daneben konkurrieren Familien und Freunde oder Hobbys um knappe Lebenszeit. Gleichzeitig müssen wir stets unsere Krankenkassenprämien und Nateltarife optimieren, uns lebenslänglich weiterbilden und herausragende Persönlichkeiten treffen.

Die Momente des Glücks sind selten und können nicht erzwungen werden. Die Sinnhaftigkeit unseres Daseins ist rasch angezweifelt. Unterschiedliche Sinn- und Identitätsanbieter vermarkten ihre Wertversprechen. Ganz eklektisch kombinieren wir Angebote. 

Der populärste Sinn- und Identitätsanbieter ist das Streben nach dem Flow-Zustand. Das Flow-Erleben hat Mihaly Csikszentmihalyi angemessen dokumentiert. Flow erleben wir dort, wo sich Anforderungen und Fähigkeiten einer Aufgabe einigermassen annähern und gleichmässig wachsen. 

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Was ist Flow?

Die Tätigkeit, die zum Flow-Erleben führt, kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Csikszentmihalyi kategorisiert sie im Buch wie folgt:

  • Flow im Körper (z.B. Bewegung, Sex, Sinnesorgane, Musik, Schmecken)
  • Flow der Gedanken (Gedankenspiele, Philosophie, Wortspiele, Naturwissenschaften, Weisheiten)
  • Flow der Erwerbsarbeit (Erfüllung, Verschmelzung) 
  • Flow der Gesellschaft oder Einsamkeit (Familie, Freundschaften, grössere Gemeinschaft, Einsamkeit)

Für Csikszentmihalyi ist Flow-Erleben eine sogenannte "autotelische" Tätigkeit:

Der Begriff "autotelisch" leitet sich von zwei griechischen Worten ab: autos bedeutet Selbst, telos Ziel. Er bezeichnet eine sich selbst genügende Aktivität, eine, die man ohne Erwartung künftiger Vorteile ausübt, sondern einfach, weil sie an sich lohnend ist.

Csikszentmihalyi, Mihaly. Flow. Das Geheimnis des Glücks (Kauf-Link)

Flow-Tätigkeiten erhöhen die Lebensqualität. Sie beseelen und können überdies Sinn und Identität stiften.

Wie bemerkt man Flow?

Gemäss Csikszentmihalyi erkennt man Flow unabhängig von der Tätigkeit an folgenden Merkmalen. Csikszentmihalyi bezeichnet sie auch als die Komponenten der Freude:

  • Herausfordernde Aktivitäten, für die man besondere Geschicklichkeit braucht
    • Ausgleich von Fähigkeiten und Anforderungen
    • Aktivität kann geistig wie körperlich sein
    • Fähigkeiten und Anforderungen wachsen
  • Zusammenfluss von Handeln und Bewusstsein
    • In einer Tätigkeit "drinnen", maximal vertieft sein
  • Klare Ziele und Rückmeldungen
    • Die Tätigkeit verfolgt ein Ziel
    • Unmittelbares "Feedback" der Aktionen (Erfolg, Misserfolg, Lernreise)
    • Ein Ziel, das fordert und Anforderungen wie Fähigkeiten weiterentwickelt
  • Die Konzentration auf die anstehende Aufgabe
    • Die unangenehmen Aspekte des Lebens vergessen zu können
    • Der Fokus, quasi "Tunnelblick" (verwandt mit "Zusammenfluss von Handeln und Bewusstsein")
  • Das Paradox der Kontrolle
    • Ein Gefühl der Kontrolle, auch in herausfordernden Situationen
    • Keine Sorge, die Kontrolle zu verlieren
    • Keine Sorge über "Erfolg" oder "Misserfolg"
  • Der Verlust des Selbstgefühls
    • Ausrichtung des Geistes auf die Tätigkeit (quasi Gefühl der Konzentration respektive Meditation)
    • Man kann sich selbst vergessen
    • Kein Grübeln, keine "Selbsterforschung"
  • Die Veränderung der Zeit
    • Verändertes Zeitgefühl
    • Meistens vergehen Stunden in Minuten

Das Flow-Erleben als Menschenrecht

Ohne die Fähigkeit, Flow erleben zu können, können die Menschen kein Glück empfinden, so die These. Wir als Gesellschaft im Allgemeinen oder wir als Arbeitgebende oder Organisationen im Speziellen sind daher verpflichtet, den Menschen Momente des Glücks zu ermöglichen. Dies, weil wir einerseits Menschenfreunde sind, andererseits aber auch, weil glücklichere Menschen gesünder und somit auch produktiver in der Gesellschaft oder in Organisationen sind. Beinahe aus "Kalkül" und "Notwendigkeit" sind wir zum Flow verpflichtet.

Die Gesellschaft und die Organisationen müssen also stets eine Art "Lernreise" anbieten. In dieser Reise wachsen Anforderungen wie Fähigkeiten einigermassen gleichzeitig. Der Mensch wird weder über- noch unterfordert.

Mehr gemeinsames Flow-Erleben durch interdisziplinäre Teamarbeit (z.B. im Scrum-Team)

Interdisziplinäre Teams sind definitiv seit The New New Product Development Game akzeptiert und anerkannt. Selten begegnet man Managern, die widersprechen. Das Scrum-Team bildet sich aus allen notwendigen Disziplinen, um ein Produktinkrement herzustellen. Es ist bereits by design interdisziplinär.

In einem interdisziplinären Scrum-Team können gemeinsame Flow-Momente wesentlich leichter umgesetzt werden als in einer homogenen Administration mit routinierten und bereits abgesteckten Aufgaben (siehe auch Die Zukunft des Sachbearbeiters). Das Team kann stets mit neuen Anforderungen und Fähigkeiten ausgestattet werden. Original ist man Entwickler, doch man kann die Domäne des Business Modelling oder der Requirements erkunden - und das idealerweise im permanenten Pairing mit einem spezialisierten Mitarbeitenden.

Ein Scrum-Team könnte theoretisch-technisch niemals erschöpft werden. Durch die Interdisziplinarität können sich alle Menschen permanent weiterentwickeln und gemeinsam lernen. Diese Chance des interdisziplinären Scrum-Teams hinsichtlich Flow-Momente ist noch nicht allen Scrum-Teams bewusst. 

Das soll sich ändern. Wir unterstützen gerne im Agile Coaching, dein Scrum-Team zu professionalisieren. 

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