dot.tipp - Autonomy vs Alignment

4 Minuten Lesezeit
04. Oktober 2024
dot.tipp - Autonomy vs Alignment
6:36

Wenn wir gut funktionierende, agile Teams in einem Unternehmen haben wollen, müssen diese sehr autonom handeln können. Wie passt diese Autonomie zu einer klaren Ausrichtung unter den Teams und zu den übergeordneten Zielen des Unternehmens? In unserem Blog gehen wir auf den Ansatz "Autonomy vs Alignment" ein.

 

Autonomy vs Alignment - woher stammt der Begriff?

Henrik Kniberg reorganisierte das Engineering von Spotify 2014, weil das Unternehmen rasant wuchs und es nicht mehr nur ein einzelnes Engineering-Team, sondern mehrere Teams gab, die nicht mehr ausschliesslich Scrum-organisiert sein konnten (also mit einem klassischen Scrum Master. der alles vorgab). Es brauchte einen Weg, der die nach wie vor stark agile Arbeitsweise zwischen mehreren Teams ermöglichte, eine höchstmögliche Autonomie in den Teams gewährleistete und dennoch stark auf die Ziele im Unternehmen ausgerichtet war.

Was verstehen wir darunter?

Eigentlich sollten wir direkt den Titel des von Henrik Kniberg entwickelten Ansatzes für Spotify ändern. Es müsste "Autonomy AND Alignment" heissen, denn im aktuellen Titel 
liegt schon der Ursprung unserer Denkweise, wenn wir uns vorstellen, dass ein hoher Grad an Autonomie von Teams - der für eine agile Arbeitsweise Bedingung ist - 
niemals mit einer starken Ausrichtung auf übergeordnete Ziele zwischen den Teams und schlussendlich mit denjenigen des Unternehmens - die für den Erfolg Bedingung sind - vereinbar ist.

Es ist für uns also Autonomy VERSUS Alignment:

  • Entweder sind die Teams autonom
    oder
  • sie haben eine klare Ausrichtung

Die Herausforderung

Die Brücke vom Nordstern, von der Vision der Führung, von den Zielen des Unternehmens, bis in die täglichen Aufgaben der Teams hinein zu führen, ist (zu) lang und vielleicht auch (zu) wacklig. Auf dem Weg von den übergeordneten Zielen bis hin zum einzelnen Team-Mitglied gehen viele Informationen verloren und es entstehen Lücken. Auf der Brücke werden manchmal Informationen verändert, es entstehen Übersetzungsfehler. Dort wo die Wertschöpfung passiert, wollen der Zweck und die Message einfach nicht richtig ankommen. Hier bewegen wir uns auf der Ebene der Führungsaufgabe (den Verhältnissen).

Aus der umgekehrten Perspektive ist den Menschen in den Teams nicht klar, was und wofür sie etwas tun sollen, es herrscht Sand im Getriebe, die Selbstorganisation und damit die agile Arbeitsweise ist nicht oder kaum möglich. Die Teams untereinander wissen auch nicht genau, was die Anderen gerade tun. Hier bewegen wir uns auf der Ebene der Teamaufgabe (dem Verhalten).

Autonomy vs Alignment Inhalt

Quelle Illustration: Henrik Kniberg

Zum Schliessen der Lücken kann man aus der Perspektive der Verhältnisse (also der Führung) unterschiedlich vorgehen

  • Den Teams werden sehr konkrete Lösungswege vorgegeben. Über die Ziele wird nicht gesprochen - entweder weil keine vorhanden sind oder sie zu transportieren nicht wichtig scheint: Man befindet sich im unteren linken Quadranten Mikromanagement
  • Die übergeordneten Ziele werden erklärt, es werden dennoch sehr konkrete Lösungswege vorgegeben: oben Links am ehesten vergleichbar mit einem autokratischen Ansatz
  • Um die Ziele schert sich Keiner (es sind vielleicht keine vorhanden) und die Teams haben den absoluten Freiraum, das Wie, das Was, und das Wann zu bestimmen: unten rechts die Anarchie)
  • Die Ziele sind sehr klar und können über alle Stufen hinweg gut verständlich formuliert werden, ohne dass konkrete Aufgaben und Lösungswege vorgegeben werden, die Teams sind maximal autonom und agil unterwegs: oben rechts Autonomy AND Alignment

Wie kommen wir dort hin?

Diese Frage ist sehr individuell zu beantworten. Das Zusammenarbeitsmodell (the way we work) in einem Unternehmen spielt eine grosse Rolle. Ein guter Ausgangspunkt wäre demnach, erst die Dynamiken, die in- und um Teams als Gruppe von Menschen spielen, zu verstehen. In unserem Blog Effektive Gruppenarbeit: Die Bedeutung von Gruppendynamik und Machtbalance findest du eine umfassende Analyse der Faktoren, die gruppendynamisch relevant sind.

Darüber hinaus ist eine kritische Auseinandersetzung notwendig, in welchem Quadranten sich das Team aktuell befindet. Die häufigste Form auf die wir bei unseren Kunden stossen, ist das obere linke Quadrant - also hohes Alignment und niedrige Autonomie. Um dich und dein Team in den oberen rechten Quadranten zu bewegen, empfehlen wird die folgenden fünf Punkte zu berücksichtigen:

1. Entscheidungsbefugnisse delegieren

Beginnt damit, Entscheidungskompetenzen schrittweise an das Team zu delegieren, besonders in Bereichen, die die tägliche Arbeit betreffen. Definiert klar, welche Entscheidungen wer treffen darf. Dabei eignet sich bspw. Delegation Poker hervorragend als Ausgangslage, um die Befugnisse transparent zu machen und auszuhandeln. 

2. Coaching und Unterstützung statt Kontrolle

Die Rolle der Führungskraft sollte sich von der kontrollierenden oder befehlenden Rolle hin zu einer unterstützenden und coachenden Rolle entwickeln. Anstatt Entscheidungen vorzugeben, sollte die Führungskraft die Teams dabei unterstützen, die richtigen Entscheidungen selbst zu treffen. 

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3. Förderung von Experimenten und kontinuierlichem Lernen

Das Team sollte ermutigt werden, neue Dinge auszuprobieren und aus den Ergebnissen zu lernen. Dies fördert dessen Kreativität und verbessert die Problemlösungsfähigkeiten. Eine essentielle Voraussetzung dafür sind jedoch geeignete Räume - sowohl zeitlich als auch physisch.

4. Kommunikationskanäle und Transparenz verbessern

Stellt sicher, dass alle relevanten Informationen frei zugänglich sind, sodass das gesamte Team informierte Entscheidungen treffen kann. Offene Kommunikation ermöglicht es euch, die Ausrichtung der Organisation besser zu verstehen und sich darauf auszurichten.

5. Regelmässige Retrospektiven und Feedback-Runden

Nutzt Retrospektiven, um kontinuierlich zu reflektieren, wie gut die Autonomie im Team funktioniert und wo Anpassungen nötig sind. Feedback aus der gesamten Organisation hilft dabei, die Balance zwischen Ausrichtung und Autonomie stetig zu überprüfen und anzupassen.

Falls ihr noch keine Erfahrung mit Retrospektiven habt, findest du hier unsere kurze und knappe Einleitung für erfolgreiche Retrospektiven.

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